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Statements und Resolutionen

April 2021

Die BWAG wendet sich wegen Corona an Sozialminister Lucha

Die BWAG wendet sich an Sozialminister Manfred Lucha mit der dringenden Bitte, die Fortsetzung der Seminararbeit als fachlichem Rückgrat der Suchtselbsthilfe trotz des Corona-Lockdowns freizugeben.

Sehr geehrter Herr Minister Lucha,

wir sind sehr dankbar für das „grüne Licht“ der Landesregierung, dass unsere Sucht-Selbsthilfegruppen als systemrelevant eingestuft sind und seit Ende Mai 2020 weiterarbeiten dürfen.
Hier ein kurzer Überblick zu Ihrer Orientierung:
- Ca. 1/3 unserer Gruppen treffen sich in Präsenz, andere in virtuellen Räumen;
- viele Gruppen müssen pausieren, weil die Hausherren die Gruppenräume geschlossen halten;
- besonders ältere Personen nehmen derzeit nicht an Gruppentreffen teil, weil sie Angst vor Ansteckung haben oder weil ihnen das nötige Knowhow und Equipment für Online-Treffen fehlt.
Mit diesem Schreiben machen wir auf einen Notstand unserer Selbsthilfeverbände aufmerksam:
Beim Lockdown-light im November 2020 enthielt die Corona-Landesverordnung noch die Formulierung „Weiterhin erlaubt & geöffnet: Weiterbildungseinrichtungen mit theoretischen Seminaren“. Dank dieser Ausnahme konnten wir das Backup für unsere Ehrenamtlichen in Form unserer Seminararbeit aufrechterhalten.
Diese Formulierung fiel ab 12.12.2020 weg – folglich sagen wir unsere Seminare seither im Rhythmus der jeweils aktualisierten Landesverordnung ab und kommen damit zunehmend an unsere Grenzen, denn gerade die Seminararbeit ist das fachliche Rückgrat der Sucht-Selbsthilfe sowie ein unverzichtbares Instrument der Mitarbeitergewinnung und
-qualifizierung.
Wenn es uns nicht gelingt, unsere Ehrenamtlichen in der Gruppenarbeit bei der Stange zu halten sowie menschlich und fachlich zu begleiten, steht es schlecht um unseren Beitrag zur Aufrechterhaltung der Sozialen Fürsorge bzw. um die Schwächeren, welche die Unterstützung ihrer Selbsthilfegruppe dringend benötigen:
- Die Alleinstehenden;
- die sich in prekären sozialen Lebens- oder Wohnsituationen befinden;
- die ihren Kontakt zur Selbsthilfe aufgeben, weil sie noch nicht verinnerlicht haben,
dass die Sucht-Selbsthilfe ihre bestmögliche Lebensversicherung ist (ganz
abgesehen von der zugleich bestmöglichen Stabilisierung ihrer Berufstätigkeit).
In der Landesverordnung „Die Corona-Regeln mit der Bundesnotbremse auf einen Blick ab
24.04.2021 / Bildung & Betreuung“ heißt es (erneut) unter dem Stichwort „Volkshochschulen
u. ä. Einrichtungen“ → „Kurse in Präsenz sind möglich bei erforderlichen beruflichen Ausund
Fortbildungen … sofern digital nicht möglich“ (und ähnlich im aktuellen Stufenplan).
Unsere Seminararbeit besteht aus
- ca. 1/3 Wissensvermittlung in Kombination mit …
- ca. 1/3 Selbsterfahrung zu Suchtentstehung, Krankheitseinsicht, Suchtbewältigung
und Persönlichkeitsentwicklung sowie
- ca. 1/3 Interaktion, Gruppendynamik und soziale Kompetenz;
sie findet jedoch nicht im beruflichen, sondern im ehrenamtlichen Kontext statt.
Der Großteil dieser Lerninhalte ist nicht digital vermittelbar.
Unser Engagement ist systemrelevant, wir arbeiten mit ca. 850 Ehrenamtlichen (plus
knapp 5,5 hauptamtlichen Personalstellen in 6 Verbänden), doch bei der Vorgabe
„Kurse in Präsenz sind möglich bei erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungen“
fallen wir durch die Maschen.
Unser Fazit: Der durch den Endlos-Lockdown bedingte Ausfall unserer Seminararbeit
gefährdet das fachliche Rückgrat sowie die Mitarbeitergewinnung und -qualifizierung
unserer Selbsthilfeverbände.
Daher bitten wir dringend um die Genehmigung zur Fortsetzung unserer Seminararbeit,
selbstverständlich unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen.
Wir hoffen auf Ihre baldige und zustimmende Antwort, wünschen viel Weisheit für Ihre
Aufgaben und senden herzliche Grüße.

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