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Handbuch

Qualitätsstandards für KSHN / Netzwerkbezogenes Qualitätsmanagement NBQM

Für die Kommunalen Suchthilfenetzwerke gibt es bislang nur das Empfehlungspapier des Sozialministeriums aus dem Jahr 2005 mit einem ersten Aufgabenkatalog. Ergänzend haben sich die Kommunalen Suchtbeauftragten auf einen Vorschlag zur formalen Arbeitsorganisation solcher Netzwerke verständigt. Die Grundhaltung der seinerzeitigen Empfehlung, die konkrete Ausgestaltung dieser Netzwerke den Bedürfnissen und Interessen vor Ort zu überlassen, ist zwar nach wie vor ehrenwert; die weitgehenden Unterschiede in Arbeitsformen und Arbeitsergebnissen der Kommunalen Suchthilfenetzwerke sind aber auch ein Hinweis darauf, dass manche Kommunen und Vertreter der Suchthilfe sich möglicherweise auf Form und Absicht dieses Entwicklungsmodell nicht einlassen können oder wollen.

Die Landesstelle für Suchtfragen (LSS) hat deshalb schon bei der Entwicklung des Rahmenkonzepts für Kommunale Suchthilfenetzwerke darauf gedrungen, dass nach einer ersten Phase der offenen Entwicklung und vielfältigen Erfahrung es auch eine Verständigung auf gemeinsame Qualitätsstandards für die Netzwerkentwicklung geben müsse, um das in der Landesverfassung genannte Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht aus dem Blick zu verlieren. Solche Qualitätsstandards sollten einen Konsens über anzustrebende Qualitäten in der Versorgung von Menschen mit Suchtproblemen darstellen, ohne aber die Steuerungsverantwortung der einzelnen Kommunen anzutasten.

Die LSS hat für solche Qualitätsstandards bereits im Jahr 2009 einen ersten Vorschlag formuliert. Dort werden einerseits formale Strukturen benannt, andererseits aber auch inhaltliche Leitvorstellungen konkretisiert: so sollen Versorgungsthemen möglichst im Netzwerk unter Beteiligung aller Akteure und eben nicht wie gewohnt bilateral verhandelt werden. Vorgeschlagen wird eine verbindliche Beteiligung mandatierter SelbsthilfevertreterInnen bzw. einer entsprechenden Betroffenenvertretung. Und schließlich wird angeregt, dass es für alle Suchthilfenetzwerke eine gemeinsame Form der Qualitätsentwicklung geben sollte (NBQM = netzwerkbezogenes Qualitätsmanagement), mit deren Hilfe die notwendigerweise sehr unterschiedlichen Entwicklungen auch für andere Kommunen besser nutzbar gemacht werden können und in ihrer Bedeutung für die Klientenversorgung vergleichbar werden. Dazu wird auch eine gemeinsame Suchtberichterstattung angeregt, die auf die Daten der schon vorhandenen Suchthilfestatistik aufbauen sollte.

Die Bemühungen der LSS um eine Verständigung auf solche gemeinsamen Qualitätsanforderungen haben im Sozialministerium bislang aber keine ernsthafte Resonanz gefunden. Hintergrund ist vermutlich, dass das Land sich schwer damit tut, Anforderungen an die Kommunen zu formulieren, die dort mit Aufwand und Kosten verbunden sind, für die das Land derzeit aber keine Beteiligung oder gar Kompensation anbieten kann.

Die Kommunalen Suchtbeauftragten haben diese Diskussion allerdings insofern aufgegriffen, als sie sich im Frühjahr 2012 auf ein Papier verständigt haben, die „Qualitätsstandards in den KSHN“ beschreiben. Dieses Papier beschreibt Elemente einer Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, beschränkt sich aber im Wesentlichen auf formale Regelungen zur Beschreibung normaler Gremienarbeit. Weder bei der Prozess- noch vor allem bei der Ergebnisqualität werden Standards benannt, die tatsächlich als Entwicklungsperspektive zu verstehen und zu nutzen wären. Vereinfacht gesagt beschreibt dieses Papier im wesentlichen Anforderungen an eine effiziente Gremienarbeit, es bleibt aber völlig offen, was denn die Zielperspektive für diese neuen Gremien sein soll und welchen Gewinn die Betroffenen (Klienten) aus diesem Netzwerk ziehen sollten. Es bleibt offen, ob und wie bzw. für welche Zielgruppen ambulante Versorgungsangebote mit welchen Zielperspektiven weiterentwickelt und gestärkt werden sollen. Die LSS hat deshalb ergänzend zu ihren Qualitätsstandards auch einen Katalog von Versorgungbausteinen formuliert, die aus fachlicher Sicht in einer sozialräumlichen Versorgungsstruktur verfügbar sein müssen, um ein leistungsfähiges Zusammenwirken der unterschiedlichen Hilfen und Maßnahmen zu gewährleisten.

Es bleibt abzuwarten, ob das Sozialministerium sich – durchaus auch im Sinne des geplanten neuen Psychisch-Kranke-Gesetzes – in nächster Zeit doch intensiver mit dieser Thematik befassen wird und damit den Versuch unternimmt, von Landesseite der bislang überwiegend eher schleppenden Entwicklung der KSHN nochmals einen entscheidenden Schub zu geben.

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